Es ist das fünfte Telefonat mit Snowy White und inzwischen hat sich eine fast schon freundschaftliche Beziehung zu diesem Mann entsponnen, der zu den ganz Großen der Britischen Blues-Schule gehört und ein ruhiges Leben in Bescheidenheit und Nachdenklichkeit führt.
Bei fast allen dieser besagten Telefonate verwies Snowy White darauf, dass dies nun wohl sein letztes Album sein würde. Nicht etwa aus Effekthascherei, sondern weil er vielleicht dann doch die Anziehungskraft seiner Gitarre unterschätzt. Ein Album ist für Snowy nämlich keine aktive Entscheidung, sondern ein schleichender Prozess:. „Ich plane so etwas nie. Mir kommt eine Idee, die ich aufnehme. Dann spiele ich ein wenig Bass dazu und denke mir: ‚Ach, das klingt gut.‘ Dann spielt mein Sohn Thomas die Drums dazu und plötzlich nehme ich eine Platte auf.“, erklärt White gut gelaunt im Interview.
„Wir haben zwei Aufnahmeräume, meiner ist unten und der von Thomas oben.Wir können also simultan an den Liedern arbeiten, das funktioniert sehr gut, weil wir eine extrem gute Beziehung haben. Es gibt keinen Druck.“ Das einzige, was der Künstler bei diesem Arrangement vermisst: „Die Situation mit anderen im Studio. Wenn ich mein nächstes letztes Album mache, möchte ich vielleicht wieder mit einer Band aufnehmen. Ich arbeite gerne zuhause, doch ich vermisse den Input von anderen Musikern, den Spaß. Wir werden es sehen, ich plane ja nichts!“, erzählt er lächelnd. Doch immerhin sind auf seinem neuen UNFINISHED BUSINESS einige seiner The-White-Flames-Partner wie Juan van Emerloot oder Max Middleton zu hören, auch wenn die ihre Spuren bei sich zuhause eingespielt haben.
Das Artwork stammt vom französischen Künstler Aurélien Villette, auf dessen Motive er durch ein Puzzle aufmerksam wurde. Vielleicht wird der Gitarrist künftig selbst einmal den Pinsel für ein Cover schwingen, da er ein passionierter Ölmaler ist: „Das habe ich mir eigentlich vorgenommen und weiß gar nicht genau, warum ich es noch nie getan habe. Mir gefallen meine Malereien wirklich gut, vielleicht beim nächsten Mal.“ Seiner Gitarre gegenüber empfindet White nach wie vor eine Art „Hassliebe“: „Ich spiele jeden Tag auf ihr, eine Akkordfolge, die mir nicht aus dem Kopf geht, ein bisschen Blues. Doch nie mehr als zehn Minuten, weil meine Finger dann schmerzen. Es tut immer noch gut, meine Goldie-Replica in meinen Armen zu spüren. Seltsam, oder? Nach all den Jahren. Doch meist ist meine Les-Paul-Kopie oben im Schrank, unten steht meine PRS herum, für die Einbrecher“, scherzt er ausgelassen.
Ob er zufrieden ist, wenn er sich UNFINISHED BUSINNES anhört? „Nein. Ich war noch nie zufrieden mit meinen Aufnahmen. Direkt danach denke ich vor allem darüber nach, was ich anders hätte machen sollen. Natürlich bin ich im Großen und Ganzen zufrieden, sonst hätte ich UNFINISHED BUSINESS ja nicht veröffentlicht. Doch erst, wenn ich meine Alben nach einem Jahr nochmal auflege, kann ich sie mit anderen Ohren hören, ich werde objektiver. Das ist sehr interessant, manchmal bin ich sogar positiv überrascht.“
In einem Jahr wird Snowy White hoffentlich wohlwollend auf UNFINISHED BUSINESS zurückblicken, schließlich ist es ein weiteres gehaltvolles Album, das diese berührende White’sche Mixtur aus punktueller Beschwingtheit, Sehnsucht, Melancholie, Rastlosigkeit – eben dem „feeling blue“ – überträgt. „So blicke ich nun mal auf das Leben, es liegt eine gewisse Traurigkeit darin, die mich ständig begleitet. Ich weiß nicht genau, warum, doch ich habe mich noch nie in einer Situation wiedergefunden, in der ich mich zu 100% wohlfühlte. Irgendwie warte ich ständig auf etwas. Alles, was ich tue, ist ein Schritt dorthin, wo ich hinwill. Doch ich weiß nicht, wo das ist. UNFINISHED BUSINESS eben.“
Snowy White ist für mich der unterschätzteste Blues – Gitarrist aus der Ära derer die ähnlich alt sind wie er selbst.
Der Mann hatte schon immer mehr Blues – Feeling als andere Gitarristen – Größen im Blues-Sektor.
Bin und bleibe ein treuer Fan von Ihm und seiner Art wie er den Blues interpretiert.