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Slash – Freundschaftliche Fusionen

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Slash – Freundschaftliche Fusionen

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Slash 03 bw 2010Seine Mutter starb. Seine Band trennte sich. Er wurde „Verräter“ und „Krebsgeschwür“ genannt. Jetzt hat er das erste große Rock-Album des neuen Jahrzehnts veröffentlicht: SLASH – R&F’N’R.

R&F’N’R. Vom Namen des Künstlers abgesehen, sind das die einzigen Buchstaben auf dem Cover von Slashs Solo-Debüt. R&F’N’R: Rock’n’fuckin’roll. Wenn die Wissenschaft ihn in hundert Jahren aufsäbelt, auf der Suche nach dem perfekten Gen, das der Welt Saul Hudson schenkte, wenn sie altes Blut wegkratzen, schwarz vom Teer einer Million Marlboros, versetzt mit Res-ten von Guinness und Jack Daniels und einem Mark aus bestem marokkanischen Hasch, dann werden sie genau diese Lettern finden, in seine Knochen eingraviert: R&F’N’R.

Slashs Rock’n’Roll-Stammbaum hält jedem Vergleich stand, selbst denen seiner Freunde Keith Richards und Lemmy Kilmister. Man nannte ihn den Letzten Gitarrenhelden – und dank Guitar Hero wurde er die Axt schwingende Ikone einer neuen Generation. Er ist ein notorischer Auf-rührer, Drogenkonsument, Säufer und Weiberheld. Er trägt Jeans und Leder, ­Zylinder und Sonnenbrille (drinnen, versteht sich), strotzt vor Piercings und Tattoos. Er ist dicke mit Ronnie und Keef, mit Lemmy und Iggy. Er liebt Jimi Hendrix, AC/DC, Led Zeppelin und Aerosmith. Also warum immer dieses Geschrei, Slash stünde kurz vor dem Ausverkauf? Wegen seiner Arbeiten mit Nicht-Rockern wie Michael Jackson, Chic und Stevie Wonder?

„In erster Linie bin ich Musiker“, sagt Slash und zuckt mit den Achseln. „Und ich habe eine Menge Respekt vor meinen Kollegen. Als ich bei Guns N’Roses war, kamen mir diese Ausbrüche gerade recht – die Gunners ar­beiteten mir einfach nicht genug. Gegen Ende war das zumindest so. Also fing ich an, mit diesen ganzen anderen Jungs zu spielen. Mir hat das gut getan – dadurch bin ich ein besserer Musiker geworden. Ich möchte nicht in eine Schublade gesteckt werden.“

Vielleicht liegt da der Hund begraben: Die Leute mögen ihn als Rock’n’ Roller, und sie haben Angst, sein neues Album könne alles andere sein als Rock’n’Roll. Mit Gästen wie Fergie von den Black Eyed Peas und der Pussycat Doll Nicole Scherzinger liegt die Vermutung nah, dass…

„Super.“ Er lächelt. „Verunsichere sie weiter. Nein, eigentlich ist es ein echt raues Rock’n’Roll-Album geworden. Und der Fergie-Song wird die Leute wegblasen, weil er ein Rock-Song ist, kein Pop-Song.“

Nur zur Erinnerung: Santanas SUPERNATURAL erzielte mit Gästen aus Rock und R’n’B weltweit Spitzenplätze und kassierte in den USA 15 Mal Platin. „Yeah“, grinst Slash. „Aber diese Platte ist sowas von anders!“

 

Wer nun zittert, das neue Album (mit seiner enormen Palette an Edelrockern, Pop-diven, Ex-Guns N’Roses-Heimern und den heißesten neuen Namen des Rock) könne auch nur ein Quäntchen Rock’n’Roll zugunsten von Santanas Mainstream-Politur einbüßen – er fürchte sich nicht. Wir haben es hier mit Mr. R&F’N’R zu tun.

Zeugenaussagen bestätigen das. „Für mich ist Slash einer der letzten echten Gitarrenhelden“, sagt Alice Cooper. „Jemand in der Tradition von Jimmy Page und Jeff Beck. Davon gibt’s in seiner Generation nicht viele. Sagen wir: Steve Vai, Satriani, Slash und Joe Perry… Und Slash hat sich niemals kompromittiert. Wenn er sich hinstellt und spielt, dann meint er es ernst.“

Ozzy Osbourne hat Slashs Wandlungen miterlebt: „Das erste Mal habe ich ihn vor zig Jahren auf Tour getroffen“, sagt Ozzy, „als er er mit dem Drummer von Guns N’Roses rumfiel. Die Zwei waren total im Arsch. Aber er hat sich verändert. Ich trinke nicht mehr, er trinkt nicht mehr, wir lassen beide die Finger von den Drogen. Ich mag ihn – er ist ein super Typ.“

Kann sein, dass Slash sich geändert hat, meint Chris Cornell, aber in den wichtigen Dingen ist er sich treu geblieben: „Ich habe Slash 1992 kennen gelernt“, sagt er, als Guns N’Roses Soundgarden als Support mitgenommen haben. Er war ausgesprochen zuvorkommend und stand immer hinter uns. Wenn du mit einer erfolgreichen Band auf Tour gehst, behandeln sie dich oft wie Dreck. Aber Slash war einfach durchgängig liebenswürdig – exakt die Person, die er heute ist.“

„Er ist übrigens der einzige Musiker, den ich kenne, der auch rotzbesoffen noch genial spielte. Ich habe das nie geschafft, so voll und gleichzeitig so gut zu sein. Auch darin ist er beständig, selbst wenn er heute nicht mehr trinkt: Er spielt immer noch großartig. Die Liebe zur Musik treibt ihn an.“

Die Idee, ein Soloalbum mit Gastsängern aufzu­nehmen, kam Slash auf Tour. Genauer: während einer Konzertreise mit Velvet Revolver und Alice In Chains im August 2007. „Da hatte ich die Sängergeschichte zwar noch nicht konkret auf dem Schirm“, sagt er, „aber sie muss mir im Kopf rumgespukt sein. Immerhin habe ich sie in meiner Autobiografie erwähnt, und die habe ich geschrieben, als wir mit Alice In Chains tourten und Scott Weiland dabei war, völlig zu entgleisen.“

Gibt es auf dem Album Songs, die ursprünglich für Velvet Revolver gedacht waren? „Zwei Songs stammen aus den frühen Revolver-Tagen“, sagt er. „Der zentrale Part von ›We’re All Gonna Die‹, der Iggy Pop-Song, und der Riff von ›Ghost‹, dem Ian Astbury-Stück. Das waren Stücke, die Scott oder Matt für Velvet Revolver verworfen hatten, aber ich dachte: ‚Halt, die sind gut!‘ Meist schmeiße ich altes Zeug weg, aber die habe ich aufgehoben.“

Profitierte sein Songwriting von der Vorahnung, dass es mit Velvet Revolver zu Ende ging – oder lag es daran, dass er trocken war? „Ich wusste nur, dass ich etwas tun musste, bei dem ich die Fäden in der Hand hielt. Ob die Abstinenz eine Rolle spielt, kann ich nicht sagen. Mir war nur klar, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Vor zwei, drei Jahren wäre es wahrscheinlich bei der Idee geblieben. Da hätte ich es nicht stemmen können. Aber nun brauchte ich ein Ventil. Ich musste was tun, über das ich nicht ständig mit Hinz und Kunz streiten musste. Irgendwann wurde aus dem Spaß dann Ernst.“

Slash 02 2010Die Musiker, die er zusammentrommeln konnte, formten sein Album zu einem „Who Is Who“ des Rock: Lemmy, Flea und Duff am Bass, Dave Grohl und Steven Adler am Schlagzeug, Iggy, Ozzy und Alice am Mikro…

„Du würdest dich wundern, wie schnell das alles eingetütet wurde“, freut Slash sich. „Zuerst kam der Track mit Iggy Pop – er hat den Ton bestimmt –, und im Juli 2009 war alles fertig. Es fehlten nur noch ein paar Songs, bei denen es termintechnisch haperte: Duff und Dave Grohl turnten noch irgendwo in der Welt rum. Dann suchte ich eine Frauenstimme für den Alice Cooper-Song, um den Text mit einem Augenzwinkern zu versehen. Er erwähnte Nicole Scherzinger. Ich fragte bei ihr an, doch sie konnte nicht sofort, da sie andere Verpflichtungen hatte. Also musste ich warten, bis sie wieder Zeit hatte. Als durchsickerte, dass Nicole mit an Bord sein würde, sind die Leute übrigens total ausgeflippt.“

Da stand er nun, mitten in den Aufnahmen zu einem Album mit Lemmy, Ian Astbury, Izzy Stradling und Flea, und das Internet brodelte vor Gerüchten über Slashs „Pop“-Album. Er pisse auf sein Vermächtnis, hieß es – ein Angriff, den Axl Rose schon im Februar 2009 lanciert hatte, als er seinen frü-heren Kollegen eine „Rampenlicht-Nutte“ und Schlimmeres schimpfte.

Slash konterte in typischer Scheißegal-Manier: Er heuerte als Talentcoach bei „American Idol“ an. Toppen konnten das nur noch Kiss, die später in Staffel auftraten – und das war locker das Aufregendste, was eine Talentshow je zu bieten hatte. Der ganze Schmalz, aufgemischt durch echtes Rock’n’Roll-Theater, vor den Augen von Millionen Fernsehzuschauern. Was konnte daran schlecht sein?

„Es gilt, die Konvention zu knacken“, stimmt Slash zu. „Diese Show hat die höchsten Einschaltquoten der USA! Das ist die Realität. Also war mein Ansatz: ‚Lass uns wenigstens dafür sorgen, dass dort auch coole Musik stattfindet!‘ Dafür habe ich ordentlich einstecken müssen. Die Leute haben mich angefeindet und behauptet, ich hätte mich dem Kommerz angebiedert – aber ich meine nach wie vor, dass es okay war. Es hat mit dazu bei-getragen, ›American Idol‹ zu öffnen.“

Dann kam die Neuaufnahme von ›Paradise City‹ mit Cypress Hill und Fergie. Sie wurde nie an die große Glocke gehängt, war immer nur als japanische B-Seite gedacht, führte aber bei den Verfassungsrichtern des Rock, also anonymen Forumshelden mit Namen wie Wixflek0815 und SatanSocke666, sofort zur Kernschmelze. Hier, so lautete die Anklage, lag wehrlos ein Guns N’Roses-­Klassiker, eine Reliquie des Glam, an der sich eine (keuch!) nicht-weiße Rap-Gruppe und ein (schluck!) Mädel zu vergreifen drohten. „Mit Cypress Hill spiele ich den Song seit 2004“, sagt Slash. „Ich habe immer gesagt, wir sollten ihn mal in dieser Version aufnehmen, und nun führte kein Weg daran vorbei. Unklar war nur, wer den Refrain singen würde. Und Fergie hat eine der besten Rockröhren, die ich kenne, besser als die meisten Typen. Sie singt fantastisch. Also lud ich sie ein, es zu versuchen. Mein Freund Franky Perez hat den Hintergrundgesang übernommen, und alle klappte wie am Schnür-chen. Es ist mein Lieblingsstück von Guns N’Roses. Ich wollte es wenigstens ein Mal so aufnehmen, wie es ursprünglich gedacht war: langsam. Guns N’Roses hatten ja die Angewohnheit, bei jedem funkigen Riff auf die Tube zu treten. Zudem hat der harte Rocker-Kern seit jeher ein Problem mit Frauengesang. Da kann ich nur sagen: ‚Wacht endlich auf, Leute! Die Mädels stehen uns in nichts nach!‘“

Während die Forumslegenden sich noch die Mäuler zerrissen, legte Slash die Schienen, um mit ihren Helden aufzunehmen. So ist der Lemmy-Track ›Dr. Alibi‹ ein glorreiches Stück Sturm und Drang mit gerecktem Mittel­finger. Darin berichtet unser liebster Haderlump von einem Termin beim Hausarzt: „I went to see the doctor / He said, You’re really sick / You’ve got some real bad habits / You better stop right quick.“ Lemmys Antwort? „Doctor – I ain’t gonna die, just write me an alibi…“

„Das ist einer meiner Favoriten auf der Platte“, so Slash, „weil er die Hal-tung widerspiegelt, die ich hatte, als ich fast gestorben wäre. Lemmy hat das ebenfalls durchgemacht – die Ärzte erzählen einem alles Mögliche. Lemmy kommt im Song noch mal glimpflich davon. Der Arzt sagt am Ende: ,Wir kriegen dich wieder hin!‘ Mein Doc sagte damals nur: ‚In sechs Wochen bist du tot.‘ Das war’s.“

Slash 01 bw 2010Stellt es ein Problem dar, dass Lemmy noch trinkt, Slash hingegen trocken ist? „Nein. Ich habe mein Umfeld ja nicht ausge-wechselt. Ich fühle mich auch nicht wohl in einem völlig trockenen Ambiente. Meine Frau trinkt, meine Freunde rauchen und trinken. Das macht mir nichts aus. Ich kann damit umgehen.“ Und die Versuchung? „Sicher gibt es solche Momente. Ich lese zum Beispiel gerade ein Buch, in dem zwei Figuren unablässig qualmen, und sofort kriege ich Lust, mir eine anzuzünden. Ich habe wirklich einen ausgeprägten Suchtcharakter, aber ich möchte mich nie wieder versklaven lassen. Und an Heroin ist eklig, dass dich eine Sache – ein Ding! – so sehr auf die Knie zwingen kann. Echt armselig.“

„Mit den Zigaretten ist das so eine Sache. Meine Mutter ist an Lungen-krebs gestorben, und immer wenn ich sie im Krankenhaus besucht habe, musste ich alle zehn Minuten zum Rauchen raus. Ich bin also kein gutes Vorbild. Früher hing mir ständig eine Kippe aus dem Mundwinkel. Deshalb mag ich auch den Lemmy-Song so: Er verkörpert meinen alten Lebensstil.“

Iggy Pop singt dann: „We’re all gonna die, so let’s high!“ – klingt seltsam, aus der Position des Neu-Nüchternen. Slash spuckt den Inhalt seiner Kaffeetasse über den Tisch: „Ich bin keiner dieser berühmten Abstinenzler!“ Doch, ist er. Er war so lange die Ikone des Exzesses, dass jede Abkehr… „Das macht mich noch lang nicht zum Moralisten. An so was glaube ich nicht.“

Nach allem, was er im letzten Jahr und davor mitgemacht hat – seine Mutter ist gestorben, seine Band hat sich getrennt, er hat mit dem Rauchen und Trinken aufgehört –, hätten viele ein ernstes, introspektives Album erwartet. Tatsächlich hat es solche Momente. Sowohl der Track mit Myles Kennedy von Alter Bridge (›Starlight‹) als auch ›Gotten‹, der Song mit Adam Levine von Maroon 5, sind große, schöne Balladen, während das Stück mit dem noch unbekannten Rocco De Luca aus L.A. ein schillernder Akustiktrack ist.

„Ich bin kein besonders emotionaler Mensch. Wenn ich spiele, ist das ein Ventil, klar, aber ich muss aus meinen Problemen keine musikalische Richtung machen. Deshalb jamme ich so häufig. Für jemanden wie mich, der wenig verbalisiert, ist das die beste Möglichkeit, sich auszudrücken. Was ich aus dem Album sicher nicht machen wollte, war ein düsterer ‚Komm in meine Welt‘-Trip.“

Düster ist es nicht. Zwar verleihen die Balladen der Platte Tiefe, sind aber von loderndem Rock’n’Roll umgeben. So beginnt Iggys Titel mit der Zeile: „Gee, I really like your tits“. Ozzy und M. Shadows von Avenged Sevenfold schaffen den Metal ran. Und Velvet Revolver-Kollege Duff McKagan sowie Dave Grohl liefern mit Slash ein Instrumental ab, das für jeden von ihnen das Härteste ist, das je auf Platte gebannt wurde. Wobei es ursprünglich nicht als Instrumental geplant war.

„Eigentlich wollte ich, dass Dave Schlagzeug spielt und singt“, so Slash. „Aber er weigert sich, für andere zu singen. Er sagte: ‚Einmal und nie wieder!‘ (Damit meint er vermutlich ›Goodbye La-ment‹ von Tony Iommis Allstar-Album IOMMI aus dem Jahr 2000 – Anm. d. A.) Damit er wenigstens die Drums spielt, habe ich ein Instrumental da-raus gemacht. Jetzt bin ich froh darüber, denn es ist eine der spontansten Aufnahmen geworden, live im Studio.“

McKagan ist das einzige beteiligte Velvet Revolver-Mitglied – was die Frage nach deren Zukunft aufwirft. „Es gibt sie noch“, sagt Slash. „Matt Sorum sucht gerade via Internet neue Sänger. Das Netz hat es ihm angetan, und er findet ständig neue Wege, dort Leute zu casten.“

Es hieß, sie hätten sich bereits auf einen Kandidaten geeinigt, mit dem es aus unbekannten Gründen jedoch nicht geklappt habe… „Wen im-mer die Wahl trifft, es wird kein Schnell­schuss. Wir müssen uns als Band einfach zusammenreißen”, sagt Slash geheimnisvoll. „Sagen wir so: Wir waren noch nie so nahe daran, eine einstimmige Entscheidung zu treffen wie im Moment.“

Nun gut, zurück zu Slash Solowerk. Ein weiterer Höhepunkt des Albums ist ›Ghost‹, mitgeschrieben und gesungen von The Cults Ian Astbury, mit Izzy Stradlin an der Gitarre. „Ich erinnere mich noch an die Zeit, in der ELECTRIC rauskam. Alle Mädels, die ich vögeln wollte, hörten The Cult“, sagt Slash. „Und unsere erste Support-Tour absolvierten wir ausgerechnet für The Cult. Was für ein Haufen schlecht erzogener Banausen wir doch damals waren! So was merkt man erst, wenn man Leute trifft, die schon eine Weile im Rennen sind. Die Cult-Jungs haben uns unter ihre Fittiche genommen. Wir sind ständig in ihren Hotelzimmern abgehangen – schließlich hatten sie immer die besseren Unterkünfte. Ian und ich sind in Texas beinahe wegen Obszönität auf der Bühne verhaftet worden. Wir haben uns daher nach der Show in der Ladebucht eines Equipment-Lasters versteckt. Ach, wir konnten eine Menge zusammen erleben, und ich vergöttere Ian! Dass Izzy bei diesem Song noch dazu­gestoßen ist, finde ich einfach genial. Er und ich haben einen sehr speziellen Sound.“

Pflegen sie auch sonst noch Kontakt? „Wir sehen uns alle heilige Zeit mal. Für diese Sache ist er ein paar Mal hergekommen. Ich freue mich immer, wenn ich ihn sehe – er steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Das erinnert mich daran, wie unkompliziert es früher bei Guns N’Roses war.“

Auf dem Alice Cooper/Nicole Scherzinger-Track hört man indes auch die Drum-Künste eines gewissen Steven Adler. „Er war die letzten zehn Jahre in keinem Aufnahmestudio“, sagt Slash. „Aber er hat klasse Arbeit geleistet. Bei Guns N’Roses ist er aus den üblichen Grün-den unterschätzt worden. Dabei schenkte er uns diesen charakteristischen Groove, eine Energie, die unsere halbe Miete war – auf APPETITE FOR DESTRUCTION hört man das am besten. Vielen Leuten ist das bis heute nicht klar. Als er jetzt lostrommelte, war das Gefühl, war der Sound sofort wieder da. Wir haben so lange nicht mehr zusammen gespielt – es war ein absoluter Trip. Auch wenn der Produzent zwischendrin rauskommen und dirigieren musste, weil sich Steven den Song nicht komplett merken konnte. Er legte immer los und schraubte sich hoch, doch dann mussten wir ihn stoppen: ,Halt, Mann, da kommt die Bridge.‘ Er: ,Oh, okay.‘ Also alles wieder von vorn. Super.

Flea, Steven und ich kannten einander ja be-reits aus der Nachbarschaft. Wir haben alle zur gleichen Zeit mit der Musik anfingen; Michael (Peter Balzary, so Fleas bürgerlicher Name, Anm. d. A.) spielte damals noch Trompete. Wir hingen immer auf dem Gelände einer Grund­schule in West Hollywood rum, weil es dort Bänke gab, auf denen man skaten konnte. Echt verrückt, wir kennen uns so lange und stehen erst jetzt gemeinsam im Studio…“

Nach Adam Riese waren das nun drei ehema-lige Guns N’Roses-Mitglieder. Fehlt nur noch einer. Slash lacht. „Yeeaaah…“ Ein Mann, der sich letztes Jahr ein paar heftige Ausfälle leistete, als er Slash unter anderem ein „Krebsgeschwür“ nannte – und zwar ausgerechnet in jener Zeit, in der Slashs Mutter ihrem Krebs erlag. Damit scheint eine Re-­union in weite Ferne gerückt. „Davon war sowieso nie die Rede“, so Slash. „Vollkommen unmöglich. Mit einem ‚Jetzt vertragt euch halt wieder‘ ist es nicht getan. Irgendwie begreift das keiner. Was ich auch verstehen kann – denn was kann schon so schwer daran sein, die verdammten Songs zu spielen und Kohle zu scheffeln? Aber Axl hat ein Problem damit, und zwar ein größeres als ich. Unter anderen Umständen wäre ich wohl derjenige, der zuerst einlenken würde. Nur: Wenn noch etwas zu kitten wäre, hätte ich Guns N’Roses gar nicht erst verlassen. Axl verbreitet all diesen Mist über mich und hackt ständig auf allen Leuten rum. Es ist traurig.“

 

Bleibt Slash als nur die Möglichkeit, sein eigenes Album auf die Bühne zu bringen. Beim norwegischen Quart Festival hat er mit Gästen wie Ozzy, Fergie und Ronnie Wood bereits für Aufsehen gesorgt. Zu einer Benefizshow in Los Angeles gesellten sich noch Blink 182-Schlagzeuger Travis Barker, Linkin Park-Frontmann Chester Bennington und Billy Idol hinzu. Mit einem solchen Hofstaat zu touren, ist nicht realisierbar. Eine Stamm-Band mit wechseln­den Gästen wird die Lösung zu sein. Bestätigt sind Bobby Schneck (Gitarre), Dave Henning (Bass), Brent Fitz (Drums) sowie Alter Bridge-­Sänger Myles Kennedy – der Mann, der 2008 mit Jimmy Page, John Paul Jones und Jason Bonham als möglicher Vierter der undefinierten „neuen Led ­Zeppelin“ probte.  Doch wie viele der Songs auf dem Album kennt Myles eigentlich schon? „Richtig, keinen einzigen!“, lacht der Sänger in Florida ins Telefon. „Das heißt, das stimmt nicht ganz. Der Einzige, den ich bislang komplett gehört habe, war der, den ich in L.A. singen sollte. Im Auto hat Slash mir aber auch kurz den Fergie-Tracks vorgespielt – der klang schon mal riesig!“

Als Teenager war Kennedy natürlich Guns N’Roses-Fan: „APPETITE FOR DESTRUCTION halte ich für eines der besten Alben aller Zeiten, wenn nicht sogar das Beste“, sagt er. „Mit 16 Jahren habe ich das Video zu ›Welcome To The Jungle‹ auf MTV gesehen und war infiziert. Das alles wirkte so gefährlich, hörte sich aber trotzdem melodisch an. Einfach zeitlos eben.“

Und wie schmeckt ihm die Arbeit mit Slash? Mit jemandem gemeinsame Sache machen, den man in der Jugend anhimmelte, kann schwierig sein… „Slash ist so lässig und cool. Das machte die Sache zum Kinderspiel. Und einmal tat er was, das ich wunderbar liebenswert fand: Er blickte zu mir rüber, lächelte und fragte: ‚Alsooo, Myles, wie ist das eigentlich so, wenn man mit Led Zeppelin jammen darf?‘“, lacht Myles. „Das fand ich cool. Unterm Strich sind wir nämlich alle nur Fans.“

Interviews: Scott Rowley und Peter Makowski  Bearbeitung: Melanie Aschenbrenner

Track by Track

Alice CooperAlice Cooper über ›Baby Can’t Drive‹

Der Song war als Duett gedacht, und nachdem ich mal erwähnt hatte, dass mich Nicoles Version der US-Nationalhymne beeindruckt hat, kam ihr Name ins Gespräch. Viele moderne Popbands stammen ja aus der Retorte, aber bei diesem Song entwickelt sich Nicole zur coolsten Riff-Lady aller Zeiten! Und wer braucht heutzutage noch Diven? Eine Diva wird von allen gehasst, ein Rock-Chick hingegen geliebt!”

Chris Cornell Bild 03.3 2008 - CMS SourceChris Cornell über ›Promise‹

Das ist genau die Art von „Ich geb dir einen Rat“-Song, die man für seine Freunde oder seine Kinder schreiben würde: „Lass dich von der Welt nicht runterziehen, denn sie wird es versuchen…“ Es liegt in der Natur der Sache, dass man in seiner Jugend alles rosig sieht und glaubt, es ginge immer vorwärts, so lange man sich nur den Weg freihackt. Die Wahrheit ist aber, dass im Laufe des Lebens viele unvorhersehbare Dinge auf einen einstürzen. Genau darum geht’s in dem Song.

andrew stockdale Wolfmother 4 - CMS SourceAndrew Stockdale (Wolfmother) über ›The Sword‹

Ich weiß noch, dass ich als Teenie ein Bild von Guns N’Roses gesehen habe, auf dem Axl Rose weiße Leggings mit einem roten Suspensorium darüber trug. Ich habe mir ins Hemd gemacht und dachte: „Verdammt, die Kerle sehen aber hart aus!” Wenn ich mir diese Bilder heute so angucke, nun ja… Um die Jungs mit den Guns N’Roses- oder Poison-T-Shirts habe ich in der Schule jedenfalls  immer einen großen Bogen gemacht, denn sie wollten mich vermöbeln. Deshalb bin ich erst spät auf die Musik von Guns N’Roses aufmerksam geworden. Doch irgendwie haben sie für mich immer noch eine dramatische Aura, strahlen et-was Gefährliches aus. Ich habe das Gitarrenspielen von Flamenco-Musikern gelernt. Slashs Ausdruckskraft und die Färbung seiner Akkorde erinnert oft an sie. Ich bin froh, dass unser gemein­samer Song seine akus­tische Note behalten hat.

Myles Kennedy Alter Bridge Pressefoto 2 - CMS SourceSlash & Myles Kennedy über ›Starlight‹

Slash: Ich hatte ursprüng­lich geplant, Jack White als Sänger für diesen Song zu engagieren. Doch er war wohl der Meinung, er müsse auch meinen Text singen, was zu einem völlig unverhältnismäßigen Eklat führte. Jack und Dave Grohl e­rklärten sich schließlich nach einigem Hin und Her bereit, in ›Starlight‹ mitzuspielen, doch keiner von beiden wollte singen. Auf Myles wurde ich erst später aufmerksam. Matt Sorum sagte nämlich nach Scott Weilands Ausstieg bei Velvet Revolver, dass wir uns den Typen von Alter Bridge angeln sollten. Myles hat uns jedoch höflich abgesagt, weil er seine Band nicht im Stich lassen wollte. Diese Loyalität ehrt ihn sehr.

Myles: Ich habe mich oft gefragt, was das restliche Universum wohl von dem Chaos hält, das wir auf der Erde anrichten. Eigentlich kann man nur schlussfolgern, dass wir auf Selbstzerstörung stehen. ›Starlight‹ ist ein Appell, uns auf unserem kleinen blauen Planeten endlich etwas zusammenzureißen.

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