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Little Steven im Interview: „Null Bock, der Boss zu sein!“

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Little Steven im Interview: „Null Bock, der Boss zu sein!“

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Little Steven InterviewSUMMER OF SORCERY heißt das neue Soloalbum, das Springsteen-Sidekick Little Steven Van Zandt kürzlich bei zunächst zwei Konzerten in Deutschland live vorstellte. Im Interview mit CLASSIC ROCK spricht der 68-jährige Vollblutmusiker über die Anfänge in New Jersey, seine Ausflüge in die Schauspielerei und seinen besten Freund, „Boss“ Springsteen.

Steven, SUMMER OF SORCERY heißt dein neues Soloalbum, das erste von dir mit ausschließlich neuem Material in 20 Jahren. Warum war es bis SOULFIRE, dem Vorgänger von 2017, musikalisch so lange still um dich?
Die Schauspielerei hat mich all die Jahre nicht dazu kommen lassen, neue Musik aufzunehmen. Ich hatte, wie man weiß, eine Rolle bei den „Sopranos“, danach in „Lilyhammer“ und dann hat Bruce die E Street Band reaktiviert. Jetzt endlich habe ich zum ersten Mal in meiner Karriere zwei eigene Alben hintereinander mit derselben Band aufgenommen. Fühlt sich gut an!

Du bist Musiker, Songwriter, Produzent, Regisseur, Drehbuchautor, Radio-DJ, Aktivist und zählst sicher zu den „hardest-working men“ im Showbusiness…  
Man muss eben immer am Ball bleiben. (lacht) Es hat mir schon immer Spaß gemacht, möglichst viele verschiedene Dinge auszuprobieren. Oft ergab sich eine Sache aus einer anderen. Langweilig wird es mir jedenfalls nie.

Dein neues Album heißt wörtlich übersetzt „Sommer der Zauberei“. Was hat es mit dem Titel auf sich?
Das, was ich mache, bezeichne ich gern als „Zauberei“. Musik und Kunst im Allgemeinen sind für mich sowas wie Magie. Man versucht etwas zu gestalten, man hat eine Vorstellung von dem, was man rüberbringen möchte, aber man erreicht sein Ziel nie hundertprozentig. Wenn man ihm möglichst nahe kommt, ist das Magie. Das gilt im Übrigen nicht nur für Musik, sondern auch für die Liebe. Wenn wir uns verlieben, hat das immer mit zwischenmenschlicher Chemie und auch ein bisschen mit einem gewissen Zauber zu tun. Dieses Gefühl wollte ich mit meiner Musik auf diesem Album einfangen. Die Gefühle, die der Sommer in uns auslöst. Das ist es.

„Wenn der Boss ruft, bin ich da. Er hat bei mir immer oberste Priorität.“

SUMMER OF SORCERY ist überraschend unpolitisch ausgefallen. Bist du mittlerweile politikverdrossen?
Es stimmt, ich habe mich in den letzten Jahren aus der Politik komplett rausgehalten, habe weder Obama unterstützt noch Trump kritisiert. Obwohl beides wahrscheinlich angebracht gewesen wäre. Wir leben momentan in düsteren Zeiten, da braucht der Mensch etwas, das ihn aufbaut. Optimismus, Hoffnung, das sind urmenschliche Instinkte. Vielleicht versuche ich ja, mit meiner Musik menschliche Sorgen wegzuzaubern – ohne Politik zu machen. Unsere Situation ist drastisch: Bis vor Kurzem haben wir Mauern eingerissen, sind Handelspartnerschaften mit anderen Ländern eingegangen, haben für mehr Toleranz und Respekt untereinander gekämpft – aber all das scheint sich momentan wieder zu ändern. Wir entwickeln uns zurück. Die Globalisierung, das friedliche Miteinander der Völker scheint nicht zu funktionieren wegen einiger Politiker, die eine andere Agenda verfolgen. Plötzlich will man wieder Mauern hochziehen an der Grenze zu Mexiko, Partnerschaften und Verab­redungen werden nicht eingehalten, der Brexit steht vor der Tür, in Europa kocht der Faschismus wieder hoch, Rassismus nimmt wieder zu. Es gab auch unter Präsident Obama Diverses zu kritisieren, besser als Trump war er aber allemal.

Du hast statt politischer Texte und Aktionen das „Rock and Roll Fo­rever Education Programme“ gegründet. Um was geht es da?
Das ist ein Bildungsprogramm. „TeachRock“ soll Kids in Sachen Politik aufklären und ihnen Geschichte, aber auch Kunst, Geografie und Sprachen nahebringen – immer in Verbindung mit Musik. Ich habe Spring­steen, Bono, Martin Scorsese und viele andere namhafte Künstler dafür gewinnen können. Online gibt es bereits gut 200 Dossiers zu verschiedenen Themen, 25.000 Lehrer sind bei uns registriert, alle helfen mit. Wir wollen vermitteln, dass Lernen Spaß machen kann.

Du stammst von der Ostküste, wurdest in Massachusetts geboren, bist in New Jersey aufgewachsen und gehörst zu den Mitbegründern des „Sound of Asbury Park“…
Ja, zusammen mit Bruce Spring­steen und Southside Johnny. Mit Bruce bin ich seit Jugendtagen befreundet, für Johnny und seine Band Asbury Jukes habe ich Songs geschrieben, Alben produziert. Coole Jungs. Aus unserem Club, dem „Stone Pony“ in Asbury Park, ist dann diese Live-Szene entstanden. Ich weiß aber nicht, ob sich New Jersey und die Szene dort so sehr von anderen Ecken der USA unterscheiden. Wir haben einfach die Vergangenheit und ihre Traditionen immer in Ehren gehalten und darauf aufgebaut. Dabei hatten wir stets einen klaren Blick dafür, wo wir in Zukunft hinwollten. Wir sind unseren Working-Class-Wurzeln treu geblieben, haben den traditionellen Rock’n’Roll weitergeführt und uns nie an Trends orientiert wie etwa die Popmusik. Trends kommen und gehen. Rock bleibt! Rock’n’Roll ist näher am Blues und Jazz und muss auf der Bühne gelebt und erlebt werden. Wir wollen die Leute zum Tanzen bringen und zum Zuhören. Live-Auftritte waren uns immer viel wichtiger als Platten, Fernsehshows oder Videoclips. Nur live gibt es Interaktion mit dem Publikum. Von der leben wir. Bruce Springsteen hat mit seinem Erfolg die Tür für uns alle aufgestoßen. Das brachte viel Aufmerksamkeit. Wir haben übrigens gerade einen Dokufilm abgedreht. In „Asbury Park: Riot, Redemption & Rock’n’Roll“ erzählen wir über unsere Anfangstage in New Jersey in den 70ern.

Sprechen wir über die dortige Clubszene. Bist du damals Mafiosi begegnet, die u.a. auch die Musikclubs kontrolliert haben sollen?
Mafiosi haben nicht jeden Club dort kontrolliert, aber es gab sie natürlich, sie hingen dort rum. Bei manchen war man sich nicht sicher, ob sie zum Mob gehörten oder nicht. Da gab es auch Poser, wir nannten sie Wannabe-Gangster. Ich denke, die Clubs, in denen wir auftraten, waren zu klein und nicht lukrativ genug für sie. Es gab jedenfalls nie Ärger.

In der TV-Serie „Die Sopranos“ spielst du selbst einen Mafioso, den „Bada Bing!“-Nachtclub-Besitzer Silvio Dante. Wie kamst du als Musiker an diese Rolle?
Das war verrückt, denn mit Schauspielerei hatte ich ja nie etwas am Hut. 1997 durfte ich bei der Rock And Roll Hall Of Fame eine Laudatio auf eine alte amerikanische Rock’n’Roll-Kapelle halten, The Rascals. In meiner Jugend war ich Fan von denen. David Chase, der spätere Autor und Produzent der „Sopranos“, sah das und sprach mich an. Er sah schauspielerisches und humoristisches Talent in meiner Rede und bot mir eine Rolle in der Serie an, die gerade in Planung war. Ich lehnte erst mal höflich ab, denn ich bin nun mal kein Schauspieler und wollte auch keinem anderen den Job wegnehmen. Chase meinte aber, ich sei ein Schauspieler, ich wüsste es nur noch nicht. Allen Ernstes sah er mich als Tony Soprano, den Hauptdarsteller, aber HBO, der TV-Sender, erhob Einspruch. Schließlich bekam James Gandolfini den Part. Das ging für mich absolut in Ordnung, denn James war in meinen Augen einer der besten Schauspieler und wie gemacht für diese Rolle. Ich war dann mehr als zufrieden mit der Rolle des Silvio Dante, übrigens der Einzige in der Serie, der nie der Boss sein wollte – so wie ich im richtigen Leben auch.

Apropos „Boss“: Wie geht’s deinem Freund Bruce Springsteen?
Ich denke gut. Er hat gerade 15 Monate am Broadway hinter sich, mit Shows an fünf Tagen die Woche, alle ausverkauft. Im Witz habe ich zu ihm gesagt, dass das der erste regelmäßige, konstante Job war, den er in seinem Leben je hatte. Jetzt hat er gerade ein neues Soloalbum rausgebracht, WESTERN STARS.

Wie steht es um die E Street Band? Wirst du wieder mit Bruce zusammenarbeiten?
Wir haben verabredet, dass wir Ende des Jahres alles besprechen. Die E Street Band wird wieder aktiv sein. Wenn der Boss ruft, bin ich da. Er hat bei mir immer oberste Priorität.

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