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Titelstory: Ghost – Mit eiserner Faust und Maske

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Titelstory: Ghost – Mit eiserner Faust und Maske

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Na ja, an die ganzen Tiere und an Annika und Tommy…
Erinnerst du dich an Tante Pryssellius? Die Dame vom Kinderheim. Mein ganzes Leben lang habe ich sie nur als alte Kröte betrachtet. Und jetzt wo ich Kinder habe, haben meine Frau und ich ihnen die ganzen alten Serien gezeigt, auch, weil wir jetzt endlich eine Ausrede haben, sie selbst noch mal anzuschauen. (lacht) Und was mir aufgefallen ist, ist dass ihre Rolle hier irgendwie auf einmal superheiß ist. Vielleicht sollten wir nochmal googeln, nicht, dass ich jetzt etwas verwechsle. (sucht in seinem Handy) Na ja, bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich das nie so gesehen, weil ich einfach immer der Überzeugung war, sie wäre diese 70-jährige Trulla. Und vor Kurzem dachte ich mir aber: Oh la la, mein Gott! (lacht)

Perspektiven ändern sich! (lacht)
Auf jeden Fall. Und ich denke, das ist das Gleiche mit einem Typen, der vielleicht nicht wahrnimmt, was bei einer Ghost-Show abgeht, und beim nächsten Mal kapiert er das vielleicht auf einmal. Ah, guck, jetzt habe ich sie gefunden. Die Schauspielerin heißt Margot Trooger, sie dir das mal an! (zeigt Foto auf seinem Handy)

Eine wunderschöne Frau.
Ja, wirklich. Na ja, jedenfalls bin ich froh, dass dir die Show gefällt. Wir haben jetzt dann auch drei Frauen in der Band, vielleicht wird es auf diese Weise auch anregender für das männliche Publikum.

Es sind dann insgesamt neun Musiker, oder? Und tragen die Frauen auf der Bühne dieselben Ghoul-Outfits?
Ja, genau, insgesamt werden wir neun sein und ja, die Klamotten werden auf jeden Fall ähnlich sein. Wir brauchen einfach mehr Leute, um das, was man auf den Platten hört, auch live rüberbringen zu können.

Nimmst du einen Saxofonspieler mit?
Jawohl.

Das bringt mich doch gleich zur neuen Platte und dem Song ›Miasma‹. Als ich das Instrumental in der Mitte von PREQUELLE zum ersten Mal hörte, war ich erst sehr erstaunt und schnell begeistert. Dieser „Saber Rider“-artige Sound mit den poppigen 80er-Jahre-Drums und Synthies, dazu dann noch das Saxofon am Schluss. Erzähl mir mehr über die Entstehung des Stücks.
Wir haben ja schon Instrumentals eingespielt, wie zum Beispiel ›Genesis‹ auf dem Debüt. Das war noch ein ganzer Song, während wir dann bei INFESTISSUMAM und vor allem auf MELIORA ein bisschen davon abgekommen sind. Ich glaube, als ich und Klaus – der Produzent – die Platte zusammengestellt haben, haben wir bei den Instrumentals ein wenig gekniffen.

Und jetzt bist du mit ›Miasma‹ und dem zweiten, ›Helvetesfonster‹, zurück?
Ja, so fühlte es sich an. Ich meine, wir hatten vorher nur kurze Stücke wie ›Devil’s Church‹, alles sehr dezent, kleine Nümmerchen. ›Helvetesfonster‹ zum Beispiel war weit vor ›Miasma‹ fertig, schon vor MELIORA. Aber während der Arbeiten zu diesem Album sagte ich zu Klaus: ,Ich habe eine futuristische und eine Pest-Platte, welche willst du machen?‘ Und er entschied sich für die futuristische. Also schaffte es ›Helvetesfonster‹ nicht auf MELIORA und ich musste es unbedingt auf PREQUELLE haben. Es fällt also leicht aus dem Kontext. Und während der Aufnahmen zu ›Helvetesfonster‹ kam mir die Idee für ›Miasma‹ und ich dachte mir: Ach, scheiß drauf. Wir haben viel zu wenige Instrumentals gemacht, wir sollten das hier wirklich an die Wand jammen und abwarten, was passiert. Nach dem Motto: Lass uns nicht auf Nummer sicher gehen und einfach sehen, wo es uns hinführt. Andererseits hatten wir die zwei Tracks fertig und ich hatte das dringende Bedürfnis, dass wir einen weiteren Song brauchen, um die beiden zu komplementieren und in gewisser Weise auch zu rechtfertigen. So entstand ›Dance Macabre‹, denn die Platte hatte eine tanzbare Pause nötig. ›Miasma‹ endet auf der A-Seite und du drehst die LP um und die B-Seite fängt mit ›Dance‹ an. Es geht hier um Dynamik, die braucht es dringend. Immer wenn ich schreibe, gehe ich so vor. Wenn irgendwo sehr viel Salz ist, musst du hier und da ein wenig Zucker nachstreuen, um alles auszubalancieren.

Warum hast du dich bei dieser Platte für einen französisch klingenden Titel entschieden, statt bei Latein und Italienisch zu bleiben?
Es hört sich einfach besser an. PREQUELLE statt Prequel. Das ist alles.

Okay. Wir haben hier ja ein eher mittelalterliches Setting. Es geht um Tod und Verdammnis, es gibt Songs über die Pest, Ratten als Krankheitsübertrager, solche Geschichten. Ich denke, PREQUELLE liefert trotz dieses altertümlichen Grundtenors vielfältige Möglichkeiten einer modernen Interpretation. Liege ich da richtig?
Es ist halt sehr lose um das Mittelalter drapiert, das dient eher als Analogie. Um zu beleuchten, wie die Dinge waren und heute sind, und um eine Grenze dazwischen zu ziehen. Aber ich denke auch, dass eine zeitgenössische Relevanz in den meisten der Texte steckt, die im Grunde nicht viel mit Geschichtsstunden zu tun haben. Es geht eigentlich um das Jetzt, aber aus ästhetischen Gründen und um zu zeigen, wie sich die Dinge wiederholen, passt diese Mittelalter-Thematik ganz gut. Alles ist irgendwie zyklisch, nicht vieles hat sich verändert. Ich denke, wir haben uns etwas zurückentwickelt. In der Moderne tut man das Mittelalter immer als eine Art Mob-Mentalität ab, man assoziiert etwas Unzivilisiertes damit, aber das unterscheidet sich nicht groß von den Gepflogenheiten, die viele Leute online an den Tag legen. Das ähnelt sich total: Irgendwer ruft laut „Hexe!“ und alle stimmen sofort ein. Im Ganzen soll die Platte dich als Hörer in den Mittelpunkt von Wandel und Aufruhr stellen. Und in gewisser Weise eine Art sozialen Kommentar abgeben, der den Gesundheitszustand unserer Gesellschaft hinterfragt. Ich denke, wir leben in Zeiten, in denen die eminente Bedrohung von Zerstörung und Verderben vielerorts sehr präsent ist.

Siehst du dich selbst als Intellektuellen?
Hätte ich meine Prioritäten anders gesetzt, hätte ich wohl die Anlage gehabt, weiser zu werden, als ich heute bin. Aber ich habe nicht so viel gelesen, wie ich wollte, und ich weiß nicht sehr viel. Also eigentlich weiß ich viel, aber ich weiß nicht alles. (lacht)

Niemand tut das…
Ich denke einfach, ich besitze vielleicht die Gabe für eine gewisse Art von Wissen und Weisheit.

Und du befindest dich in einer Situation, in der Leute hören, was du zu sagen hast.
Ja, das ist wahr. Und dieser Erkenntnis folgt aber eine weitere Erkenntnis: Am Ende des Tages bin ich völlig zufrieden damit, kein Professor oder Politiker zu sein. Ich bin ein Künstler. Und meine Berufung ist es, die Menschen zu unterhalten. Natürlich arbeitest du mit allem, was du hast und siehst. Also schätze ich es sehr, dass sich Ghost vor dem großen Hintergrund des Rock’n’Roll mit all seinen oft eher schwachköpfigen Bands ein bisschen intellektueller gestalten. Aber am Ende geht es einfach nur um Entertainment.

Bevor ich hier hergekommen bin, habe ich diese Liste mit „Do’s & Don’ts“ bekommen…
Aha!

Mit Notizen, die erklären, was man sagen soll und was nicht. Ich konnte jetzt nicht herausfiltern, wie ernst oder ironisch das gemeint war.
Vergiss nicht, das kommt vom Label.

Also hältst du persönlich so etwas nicht für notwendig?
Na ja, da ich mich momentan in einem Ge­­richtsverfahren befinde, gibt es natürlich bestimmte Dinge, über die ich nicht sprechen kann und möchte. Aber wenn du mich danach gefragt hättest, hätte ich die Frage eben einfach mit „Kein Kommentar“ beantwortet.

Also hättest du mich nicht rausgeworfen, wenn ich dich nach der Verbindung zwischen dem Konzept von Ghost und Kiss gefragt hätte. Ich sehe ja gerade, du hast da einen LOVE GUN-Button an der Jacke…
Nein, natürlich nicht. Und LOVE GUN war die erste Platte, die ich mir jemals gekauft habe. Ich liebe dieses Album.

Als Abschluss: Was wäre eine Frage, die du gerne mal in einem Interview gestellt bekommen würdest?
Ich wünschte, ich hätte jetzt eine richtig coole Antwort parat. (lacht) Aber ich grabe hier ja ständig all diese Informationen über mich selbst hervor und von einem eher lockereren Standpunkt aus betrachtet wäre es vielleicht für uns beide lustiger, du würdest mich über andere Bands fragen, weil ich das dann vielleicht beantworten könnte. Oder eben nicht. (lacht) Einfach, weil ich den Gedanken mag, bei einem Quiz über Bandwissen mitzumachen.

Ich verspreche, ich werde eins vorbereiten, wenn wir uns das nächste Mal treffen!
(lacht) Das wäre großartig, danke dir.

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