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Freddie Mercury: Wie er wirklich war…

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Freddie Mercury: Wie er wirklich war…

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Hannes Rossacher, Filmemacher, Videoregisseur und Produzent aus Wien. Von Mitte der 80er bis Anfang der 90er drehte der heute 69-Jährige viele Videoclips für die britische Superband und war bis zum Ende an Freddie Mercurys Seite. In Europa zählen Rossacher und sein Partner Rudi Dolezal zu den Pionieren im Bereich Musikvideo, drehten u. a. auch mit den Rolling Stones, David Bowie, Bruce Springsteen, Rammstein, Falco, Grönemeyer, den Toten Hosen, Udo Lindenberg und den Scorpions. Für ihre Arbeiten erhielten sie u. a. den MTV Music Video Award, dreimal den Echo sowie zwei Nominierungen für den Grammy in der Kategorie „Beste Musikfilmproduktion“. CLASSIC ROCK-Autor Alex Gernandt sprach mit Rossacher über dessen Erlebnisse mit Queen.

Es war im Juli 1985, als bei mir in Wien das Telefon klingelte. Jim Beach, Manager von Queen, war auf der Suche nach einer Filmcrew und hatte sich an mich und meinen Partner Rudi Dolezal erinnert. Bis dahin hatten wir schon einige Male für deutsche TV-Sendungen mit der Band gedreht. Queen hatten soeben beim Live-Aid-Festival im Wembley Stadion allen Acts die Show gestohlen und wollten das Momentum dieses Triumphs nutzen, um im Münchner Musicland Studio eine neue Platte aufzunehmen. Wir erhielten den Auftrag, das filmisch festzuhalten. Am ersten Tag kam die Band ins Studio, um sich warmzuspielen. Sie begannen, auf das Riff von ›Start Me Up‹ von den Stones zu jammen. Nach etwa vier Stunden war daraus eine erste Rohversion von ›One Vision‹ geworden. Die Splitscreens im Video sind eine Hommage an den von Martin Scorsese geschnittenen „Woodstock“-Film.

Ich war von dieser Ästhetik als Filmemacher sehr beeinflusst. Geschnitten wurde das Video in London. Im Visions in der Dean Street gab es drei Schneideräume: Neben uns schnitten die Stones ›One Hit To The Body‹ und die Dire Straits ›Brothers In Arms‹. Eines Abends wurde beim Chinesen Essen geordert und alle haben sich gegenseitig die Videos gezeigt. Freddie war bei Queen eine Art Creative Director, hat sich umfänglich in Konzept, Look und Schnitt eingebracht. Entweder hatte er eine bestimmte Idee für die Umsetzung oder es gab im Londoner Office in der Pembridge Road ein Bandmeeting, bei dem man Konzepte besprach. Zum Song ›Invisible Man‹ machten wir zwei Vorschläge: „Junge spielt ein ,Invisible Man‘-Computerspiel“ oder „Varieté-Story mit Houdini-artiger Figur im London der Zwanzigerjahre“.

Die Band wählte die Variante „Computerspiel“, weil gerade der Kinofilm „War Games“ populär war. Mitte der 80er-Jahre lebte Freddie in München. Hier hatte er im Gegensatz zu London nicht ständig Paparazzi vor der Nase. Seinen 39. Geburtstag feierte er 1985 im Nachtclub Mrs. Henderson im Glockenbachviertel. Der plüschige Laden mit viel rotem Samt wurde nach Freddies Vorstellungen komplett in Schwarzweiß umdekoriert. „Black & White“ war das Motto seiner Party, in Anlehnung an den berühmten „Black & White Ball“ von Truman Capote im New York der 60er- Jahre. Aus London ließ Freddie Freunde mit einer Boeing 737 einfliegen, dazu waren Münchner Szenetypen und seine Freundin Barbara Valentin eingeladen. Es wurde wild gefeiert, getrunken und geflirtet. Freddie war in seinem Element. Und wenn er schon so viel Geld für die Party ausgab, wollte er den Event auch professionell auf Film festhalten. Als Freddie unser Filmmaterial sichtete, entschied er, die Partyszenen auch für ein Video zu seiner Solosingle ›Living On My Own‹ zu nutzen.

Queen waren immer sehr generös, was Partys anging, und feierten gern mit ihrer Roadcrew. 1986 mussten wir eine Party für sie in Wien organisieren: Jerry Stickels, ihr Tourmanager, hatte Geburtstag. Also musste her, was Engländer für eine Rock’n’Roll-Party brauchen: Penthouse-„Pet of the Year“ Brigitta Cimarolli (auch in Falco-Videos zu sehen) entstieg einer Geburtstagstorte, dazu Stripperinnen und eine Domina. Passend zum Bandnamen plante ich, das Wiener Animierlokal Queens Club zu mieten. Leider kam der Besitzer mit völlig überzogenen finanziellen Vorstellungen, als er hörte, wer da feiern wollte. Schließlich ging es ins Café Seinerzeit, welches – praktischerweise für die Roadies – über den Hof einen direkten Zugang zu einem Bordell hatte.

Queen waren sehr anspruchsvoll, was die Videos anging, und willens, auch finanziell großen Aufwand dafür zu treiben. Ideale Verhältnisse für einen Videoregisseur. Zwischen 1985 bis 1992 haben wir so viel für die Band gearbeitet, dass eine Art freundschaftliches Verhältnis entstand. Besonders Freddie, der ja einer der letzten Rockstars war, der sich eine Entourage hielt, war ein großzügiger Gastgeber. Wenn wir in London zu tun hatten, lud uns Freddie wiederholt zu sich nach Hause ein. Mal lag er eingerollt auf der Couch und guckte einen alten Hollywood-Streifen auf BBC2, ein anderes Mal gab er ein Dinner und spielte anschließend den Gästen im Wohnzimmer vor, wie er mit der Opernsänger in Montserrat Caballé in Barcelona für einen Auftritt probt. Alle lagen am Boden vor Lachen. Er konnte wahnsinnig lustig sein und auch über sich selbst lachen.

Wie Freddie das Thema seiner HIV-Erkrankung mit seiner Familie und seinen Bandmitgliedern besprochen hat, dazu kann ich nichts sagen und es zu deuten steht mir nicht zu. 1991, bei den Videodrehs zu Songs des Albums INNUENDO, war es offensichtlich, dass gesundheitlich etwas nicht mit ihm stimmte. Er wirkte schwach und zerbrechlich. ›These Are The Days Of Our Lives‹ war das schließlich letzte Video, das wir mit Freddie drehten, in den Pinewood Studios bei London. Die Stimmung war gedämpft. Allen war bewusst, dass es Freddie nicht gut geht. Er war gezeichnet von der Krankheit und hatte Schwierigkeiten zu stehen. Er lag meist in der Garderobe und trat immer nur kurz für seine Szenen vor die Kamera.

Aber er wollte das durchziehen. Und alle haben sich bemüht, dies in einem würdigen Rahmen zu gestalten. Zum finalen Video ›The Show Must Go On‹ wurde eine Kollage aus bestehenden Queen-Sequenzen erstellt. Freddie war mittlerweile zu schwach zum Drehen. Aber singen konnte er erstaunlicherweise noch immer. Noch kurz vor seinem Tod war er im Studio, um letzte Takes einzusingen. Das zu tun, war für ihn wichtig und rückblickend ist schön zu wissen, dass ihn seine einmalige Stimme trotz der schweren Krankheit nie verlassen hat.

Freddie Mercury war ein außergewöhnlicher und reizender Mensch mit einem unglaublichen, persönlichen Lebensweg von Sansibar bis an die Spitze der internationalen Charts. Aber dieses Schicksal war sicher kein „bed of roses“, wie er selbst in ›We Are The Champions‹ singt. Um Freddie Mercury zu verstehen, muss man sich eigentlich nur ›Bohemian Rhapsody‹ anhören – darin erfährt man alles über ihn. Besser kann man ihn nicht beschreiben. Wir haben unvergessliche Zeiten mit ihm erleben dürfen. Er war ein einzigartiger Künstler, sprühte wie eine Wunderkerze. Bis zu seinem tragischen Ende hat er nie aufgegeben, kämpfte bis ganz zum Schluss – eben wie ein echter Champion.

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